Das Projekt zur Architektur Walter M. Förderers
Bei einem Besuch der Heiligkreuzkirche in Chur kam die Künstlerin Esther Hagenmaier 2015 erstmals mit der Betonarchitektur des Schweizer Bildhauers Walter Maria Förderer (1928-2006) in Berührung.
Nachhaltig fasziniert von dieser extremen architektonischen Position, der eigenständigen und expressiven Formensprache und der Konsequenz im Denken von Raum entstand der Wunsch, sich tiefergehend mit dem Werk des Architekten auseinanderzusetzen.
2017 hat sie sich während eines dreimonatigen Arbeitsaufenthalts in der Schweiz intensiv mit Förderers Kirchenzentren in Luzern, Bettlach, Bern und Hérémence beschäftigt.
Förderer war ein Grenzgänger zwischen Skulptur und Architektur. Das Raumerleben war ihm ein zentrales Anliegen, sein architektonisches Ideal ‚ein Gebilde hoher Zwecklosigkeit‘.
Ähnlich kompromisslos und konsequent in ihrer Eigenheit wie die komplexen Gebilde aus Sichtbeton sind die Fotoarbeiten Hagenmaiers, die aus der Auseinandersetzung mit den Bauten Förderers entstanden sind.
Die Künstlerin bricht das klassische fotografische Bildformat durch Beschneiden auf und definiert die Umrissform neu. Die Fotoarbeiten, die sich zwischen Fotografie und skulpturalem Wandobjekt bewegen, laden dazu ein, sich in einen Prozess des Wahrnehmens, Hinterfragens und Entdeckens zu begeben.
Ausstellung ‚EXTRACTIONS‘, St. Johannes, Luzern (CH)
Eine Auswahl neuer Arbeiten, die alle ihren Ausgangspunkt in Sakralbauten Walter M. Förderers haben, waren von Mai bis September 2018 in der nach seinen Plänen erbauten Johanneskirche in Luzern zu sehen.
Die Ausstellung im Kirchenraum eröffnete einen Dialog zwischen dem Raum mit seiner besonderen Materialität und Formensprache und dem ganz eigenen, spezifischen Blick der Künstlerin auf das Werk Förderers.
Ausstellungsdokumentation ‚Extractions‘ Luzern (PDF)
Aus Förderers Sichtbetonbauten spricht für mich eine große Ernsthaftigkeit und Konsequenz im Denken und Gestalten von Raum, ein sehr starker Formgebungswille, verbunden mit dem Anspruch, mit Architektur Identität zu stiften. Förderer prägte den Begriff des ‚Gebildes hoher Zwecklosigkeit‘ und meinte damit sein architektonisches Ideal. Das Subjektive, das Individualität erzeugt, war von ihn von Bedeutung. Dies ist in seinen Bauwerken spürbar. Esther Hagenmaier
‚Vielleicht ist mein Bauen zwischen die Gattungen Architektur und Skulptur geraten (…) eine Verirrung? Ich glaube nicht, denn sonst müsste klar sein, wie, wofür und wohin heutige Architektur zu wirken hätte. Solches lässt sich vielleicht fürs blosse Bauen behaupten – nicht aber für Architektur.‘
Walter Maria Förderer, 1975
‚Förderers Kirchenbauten stehen wie Monolithe in der Architekturlandschaft.
Gemeinsam ist den meisten Werken die Ausführung in Sichtbeton, der polygonale
Grundriss und die komplizierte, verschachtelte Volumetrik.‘
Architektenlexikon der Schweiz, 19./20. Jh, Birkhäuser, 1998